Freitag , 19 April 2024
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Asoziales im Alltag – ein Abbild der Gesellschaft

Asoziale Gesellschaft
Foto: Marianne J. / pixelio.de

In den Nachrichten sieht und hört man nur wenig der einzelnen sich im Land bewegenden Menschen, die im Ganzen betrachtet ein erschreckendes Abbild der Gesellschaft ergeben. Asozial wurden einst diejenigen betitelt, die über Leichen und Schwerverletzte gingen und sich in keinster Weise um ihre Mitmenschen und deren körperlichen und seelischen Unversehrtheit kümmerten. Doch wer nicht blind ist für das was innerhalb der Gesellschaft und im Rahmen der einzelnen kleinen, familiären, beruflichen und freundschaftlichen Kosmen geschieht, kann unweigerlich ein wirklich asoziales Verhalten erkennen und im schlechtesten Fall hinsichtlich der eigenen Person auch hautnah erleben. Und das auf eine Art und Weise, die augenscheinlich erst einmal kaum offensichtlich wird.

Hier wird eine Rentnerin misshandelt, dort ein Jugendlicher zusammengeschlagen und wieder anderorts die Nachbarin von ihrem Mann in regelmäßiger Schönheit blutig geprügelt. Und alle sehen und hören weg. Eltern reden mit ihren Kindern nicht mehr in einem vernünftigen Ton, der Vater wird von seiner Partnerin als Arsch und die Mutter von ihrem Ehemann als Schlampe bezeichnet, das Kind ist sowieso ein Idiot und das alles wird am besten noch auf offener Straße aller Welt kundgetan. Hungrige bekommen im Tafelladen nach langem Anstehen Joghurt und Salat von vorgestern, gegen zwar geringe, jedoch durchaus im Verhältnis zum Erhaltenen noch hohe Preise und das genau neben dem Gebäude des riesigen Supermarktes. Dieser wiederum tätschelt sich mit seinen Entscheidern selbst auf die Schulter, welch Großzügigkeit doch zelebriert und was wiederum im nächsten Newsletter der besserverdienden Kundschaft auch großspurig mitgeteilt wird. Wenn überhaupt abgelaufene oder kurz vor dem Ablaufen existente Ware gespendet werden, denn die meisten kleinen und großen Unternehmen werfen die Lebensmittel lieber in die Mülltonne, da sie ja abgeschrieben werden können. Sozial sein und was verschenken? Gott bewahre, wobei auch der im heutigen Business nicht wirklich interessiert.

Lässt man einmal jegliche Produkte außer Acht und besieht sich den Umgang zwischen Kollegen bzw. den Vorgesetzten zu ihren „Untergebenen“, wird ebenfalls ein asoziales Verhältnis ersichtlich. Die Filialleitung wirft der kleinen Verkäuferin die Kartons beim Abschachteln vor die Füße, der Lagerist wird täglich, oft grundlos, als Volltrottel bezeichnet und der Chef vielfach sowieso als das Allerletzte gehandelt. Hinter vorgehaltener Hand natürlich, denn diesem das offen ins Gesicht zu sagen traut sich keiner und wenn doch, dann fliegt er eben, zumal neues Humankapital vor der Tür Schlange für einen Job steht, der unter dem Strich betrachtet immer häufiger nicht den Lohn erbringt, als es das staatliche Minimum festlegt. Das wiederum liegt unter 1000 Euro im Monat, was folgerichtig, auch bei einer Zahlenantipathie offenkundig werden lässt, dass jeder mit solch einer Einnahme zum verarmen verurteilt ist. Das hierbei Frust nicht ausbleibt ist verständlich, doch dieser wird leider in der Regel an einer falschen Stelle ausgelassen: Beim Partner und den Kindern.

Nach Feierabend werden in vielen Familien der alltägliche Frust und die Sehnsucht nach einem „normalen“ Leben mit Bier, Wein und Schnaps ertränkt. Je nach konsumierter Menge muss dann eben das Kind als Frustablasser herhalten, das für die Zustände in der Gesellschaft und mithin in der eigenen Familie eben geprügelt und verbal misshandelt wird. Vielfach trauen sich die meisten Mütter hier nicht ihrem Partner die Stirn zu bieten, zumal beim kleinsten Mucks ihrerseits ebenfalls Schläge und noch häufiger die Vergewaltigung warten. Rund 40.000 Frauen flüchten jährlich alleine oder mit ihren Kindern in eines der Frauenhäuser. Auf der Flucht vor einem brutalen Partner und Vater, der jedoch zumeist nur ein weiteres Abbild der Gesellschaft und deren in sich befindlichen Verhältnisse darstellt. Wer nun allerdings glaubt Frauen sind brav, lieb und fast heilig zu sprechen im Land, wird sich abermals getäuscht sehen, denn auch diese misshandeln körperlich und seelisch sowohl ihre Nachkommenschaft als auch die Kollegin, Mitarbeiter, Familienangehörige und selbst den Patienten und Pflegebedürftigen. „Die Würde des Menschen ist unantastbar…“ Doch wo beginnt und endet diese? Eine Frage, die sich viele Frauen und Männer im Land wohl kaum stellen, denn dann würden all die asozialen und unmenschlichen Handlungen nicht oder doch weitaus seltener vorkommen als man sie heutzutage rund um die Uhr erleben kann.

Diese unterlassenen Handlungen zeigen sich im Übrigen desweiteren darin, dass die Courage des Einzelnen im Alltag reichlich desolat ist und regelrecht brachliegt. Dann nämlich, wenn ein anderer Mensch Hilfe benötigt. Ob diese darin besteht, dass einem Hilfsbedürftigen mit Nahrung, Kleidung und Unterstützung im Alltag geholfen oder bei tätlichen Übergriffen auf offener Straße und hörbaren in der Nachbarswohnung beherzt eingeschritten wird. Wegsehen, weghören und nur das eigene Leben und die persönliche Gesundheit zu pflegen, ist wider der menschlichen Natur und weitaus mehr Asozial, als es der Bettler an der nächsten Ecke ist, der von einer scheinheiligen sozialen Gesellschaft an den Rand gedrängt wurde und verächtlich als asozial betitelt wird. Ein Verändern der eigenen Denk- und Handlungsweise kann jedoch dazu beitragen ein asoziales Verhalten im kleinen und großen Rahmen nicht nur im Sinne der gesellschaftlichen Gefüge einzudämmen. Denn eines ist gewiss: Man kann niemals sicher sein, ob man nicht selbst einmal in die Verlegenheit kommt sagen zu müssen „meine Würde ist unantastbar, doch keinen interessiert das“.

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