Samstag , 20 April 2024
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Das echte Problem mit der E-Zigarette

woman with cigaretteSeit Jahren geht es Rauchern an den Kragen. Und immer wieder lautet das scheinbar unwiderlegbare Argument: Es geht ja um den Schutz der Nichtraucher. Während sich in immer mehr Ländern Rauchverbote mit unbeschreiblicher Vehemenz verbreiten, taucht eine Alternative auf, gegen die das beliebte Argument vom Nichtraucherschutz nicht hält: die E-Zigarette. Sie sieht einer richtigen Zigarette täuschend ähnlich. Eingeatmet wird mit Nikotin angereicherter Wasserdampf. Und nichts als Wasserdampf wird wieder ausgeatmet. Kein Rauch, kein Feinstaub, und auch verbreitet sich nicht der geringste Tabakgeruch.

Entwickelt wurde die Elektronische Zigarette von einem Chinesen namens Hon Lik. Gefüllt ist sie mit Wasser und ein Nikotinessenz. Mittels einer kleinen Heizspirale wird ein dampfendes Gemisch erzeugt, das beim Inhalieren einerseits ein mit dem Rauchen vergleichbares Gefühl vermittelt und andererseits dem süchtigen Menschen das benötigte Nikotin zuführt. Nachdem dieses kleine elektronische Gerät absolut nichts mit Rauch zu tun hat, dürfte eigentlich nichts dagegen sprechen, es auch dort zu verwenden, wo vom Gesetzgeber ein Rauchverbot verhängt wurde. Im Restaurant, in der Eisenbahn, am Arbeitsplatz, ja sogar in Krankenhäusern und im Wartesaal beim Doktor.

Ältere Spielfilme, bis in die 1970er-Jahre, erinnern noch daran, als wie „schick“ das Rauchen, eine jahrhundertealte Tradition, damals noch angesehen wurde. Der Cowboy, Zügel in der einen, Lasso in der anderen Hand, hatte den Glimmstängel zwischen die Lippen gepresst. Die elegant gekleidete Dame ließ sich von ihrem Begleiter die Zigarette im feinsten Restaurant anzünden. Ärzte nahmen einen kräftigen Zug, bevor sie dem Patienten ihre Diagnose mitteilten. Über dem Besprechungstisch schwebte Tabakqualm.

Die Zeiten ändern sich. Zwar gibt es in jeder Epoche die Guten und die Bösen, die Willkommenen und die Ausgestoßenen, doch regelmäßig ändert sich, wer in diese Kategorien fällt. Ein in Italien auch heute noch verbreiteter Ausspruch, der auf eine drohende Gefahr verweist, lautet: „Mama, gli turki“, was an die lange zurückliegende Zeit der Osmanenkriege erinnert. Was schrieb Goethe in Faust II? „Man kann nicht stets das Fremde meiden, das Gute liegt uns oft so fern. Der echte Deutsche mag keinen Franzen leiden, doch ihren Wein, den trinkt er gern.“ Mittlerweile genießen Türken den Rang willkommener Mitbürger und die Franzosen sind die besten Partner in der Euro-Rettung. Es folgten andere Feindbilder bis hin zu den Sowjetrussen und in jüngster Zeit den Islamisten.

Und ähnlich sieht es mit diskriminierten Minderheiten aus, die ich nicht unbedingt beim Namen nennen will. Wir kennen sie. Einen Ausspruch möchte ich allerdings, der Trefflichkeit wegen, doch zitieren: „Vor einigen Jahrzehnten war es schick zu rauchen und Homosexualität war per Gesetz verboten. Heute ist es „cool“ schwul zu sein und Raucher werden per Gesetz verfolgt!“

e cigarette fiona harrisonDoch hartnäckig, wie Minderheiten eben so sind, lassen sich auch Raucher nicht einfach abschaffen. Auch wenn passionierte Nichtraucher und noch wesentlich intolerantere Ex-Raucher gar wenig Verständnis dafür aufbringen, Raucher sind bereit, einen ums zumindest Fünffache überhöhten Preis für ihre Zigaretten zu bezahlen. Sie ziehen sich plötzlich aus der Gesprächsrunde zurück, verlassen Gebäude, um die frische Luft an Straßenkreuzungen zu verqualmen. Zwar zeigt ihr oft betroffener Gesichtsausdruck, wenn sie sich in designierten Ecken scharen, dass sie sich ihrer Situation völlig bewusst sind, doch trotzdem wirken sie immun gegenüber jedem Bekehrungsversuch.

Und jetzt stelle man sich vor: Man sitzt im Eisenbahnabteil und plötzlich greift ein Mitreisender zur Zigarette. Ein, aus rein dekorativen Gründen an der Spitze angebrachtes, rotes Lämpchen sieht einer Glut täuschend ähnlich. Panik bricht aus. Ein Raucher im Abteil! Der Schaffner wird gerufen. Dieser droht mit einer Strafe, mit dem Rauswurf. Doch siehe da. Es handelt sich um gar keine richtige Zigarette. Es ist eine Elektronische.

Entsetzte Augenpaare fixieren eine Gruppe von Männern, die mit Zigaretten zwischen den Fingern am Tresen stehen. Von Genuss erfüllt, scheinen sie das schlimmste alle Gifte in sich einzusaugen. Die Lokalbesucher werden von Angstzuständen befallen. Warum schreitet der Kellner nicht ein? Sollte man nicht gleich vom Handy aus die Polizei rufen? Hilflos erklärt der Wirt, es stünde ihm kein Mittel zur Verfügung, dieses Unwesen zu unterbinden. Es seien ja schließlich nur E-Zigaretten.

Wo bleibt die Idealvorstellung einer „rauchfreien Gesellschaft“, wenn sich das Fortführen des Lasters so einfach simulieren lässt? Könnte sich am Ende nicht gar eine Protestbewegung der Unverbesserlichen daraus entwicklen? Könnten diese „Ewiggestrigen“ eines Tages nicht gar zu Versammlungen aufrufen oder zu „Smoke-Pride-Paraden?

e cigarette boxNein, so weit dürfen wir es nicht kommen lassen. Die rechtliche Situation ist zwar völlig ungeklärt, doch werden vorläufig die nikotinhaltigen Essenzen erst einmal beschlagnahmt. Man weiß ja noch gar nicht, wo diese Dinger verkauft werden sollen. In der Apotheke oder im Supermarkt? Schließlich handelt es sich bei Nikotin um ein Gift. Da muss erst einmal ordentlich untersucht und getestet werden. Das wird sich über Jahre hinziehen. Und bis dahin wird der Nichtraucherlobby schon etwas einfallen, warum auch die E-Zigarette verboten werden muss. Wehe dem, der sich da gegen den Zeitgeist stellt!

Ein echtes Problem könnte es mit diesen E-Zigaretten aber tatsächlich geben. Nachdem die Nikotinessenz im Labor hergestellt wird, ließen sich auch alle möglichen Zusatzstoffe beimengen, die das Suchtverhalten fördern. Doch das haben die Produzenten von Tabakprodukten über Jahrzehnte hinweg auch ungehemmt getan. Und dagegen hatte auch der Gesetzgeber nichts einzuwenden.

Mir persönlich ist der Streit um die E-Zigarette allerdings ohnehin egal. Sie erinnert mich an alkoholfreies Bier und fettloses Essen. Sie schmeckt einfach nicht. Nachdem ich mein Arbeitszimmer mit niemandem teile, sind weder die Rauchschwaden in der Luft noch der regelmäßig überfüllte Aschenbecher ein Stein des Anstoßes. Nachdem mir als Raucher das Reisen per Eisenbahn verwehrt wird, bleibt mir halt leider nichts anderes übrig – wenn ich wirklich in eine andere Stadt muss – als die Luft mit Unmengen von Auspuffgasen zu verpesten. Doch diese scheinen ja keineswegs gesundheitsschädigend zu sein. Genauso wenig wie radioaktive Strahlung, Chemie, Lebensmittelzusatzstoffe und beruflicher Stress.

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