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Das Ende des Geldes?

das_ende_des_geldes_minicoverAm 8.3.2011, dem Weltfrauentag und Faschingsdienstag zugleich, gab es in Wien ein anderes, seit Monaten erwartetes Ereignis. Erwartet von zumindest den rund 200.000 Lesern des Interviews mit Franz Hörmann in derStandard.at am 13. Oktober 2010 mit dem provokanten Titel „Banken erfinden Geld aus Luft“. Der drittmeist gelesene Standard-Artikel 2010 mit über 2700 Posts. Diese Thesen waren so provozierend, dass selbst der Gouverneur der Österreichischen Nationalbank Univ.-Prof. Dr. Ewald Nowotny sich bemüßigt fühlte, eine Stellungnahme abzugeben.

Die Fortsetzung des damals kontrovers diskutierten Interviewinhaltes erlebten vorgestern rund 100 Anwesende, als Prof. Dr. Franz Hörmann von der Wirtschaftsuniversität in Wien und Dr. Otmar Pregetter, Ökonom, Unternehmensberater und Lehrbeauftragter an mehreren Hochschulen ihr Buch mit dem klingenden Titel „Das Ende des Geldes: Wegweiser in eine ökosoziale Gesellschaft“ präsentierten.

pregetter_hoermannIn der eigentlich sehr geräumigen Buchhandlung drängten sich allerdings im 1. Stock die Interessierten um die wenigen Sessel im vorderen Teil der Cafeteria Richtung Podium. Pregetter begann mit markigen Ausführungen die Buchvorstellung. Schon nach den ersten Sätzen wurde der ultimative Paradigmenwechsel klar, der im Buch enthalten ist. Er meinte, dass es „in unserem bestehenden Wirtschaftssystem keine Win-Win-Situation geben kann“. Es gibt lediglich eine „Win-Lose-Situation“. Deutlicher wurde das durch Hörmanns Ausführungen, wonach das Geldsystem ein simples Schuldgeldsystem sei. Wenn neues Geld erzeugt wird, dann wird im gleichen Ausmaß eine Schuld erzeugt, die wieder verzinst werden muss. Unser Geldsystem basiert also auf Schuld.

„Dieses Buch soll ein Weckruf sein!“, steht im Vorwort und dieser Grundsatz bestätigte sich im Laufe der aufrüttelnden Ausführungen der Autoren. Das Buch soll jene Wissenslücke füllen, die aufgrund fehlender oder falscher medialer Berichterstattung und des Schweigens und der Fehlinformation der Realpolitik entstand. Die Autoren geben in ihrem Buch ausführliche Auskunft über die weltweit betriebene Geldentstehung und prognostizieren, dass die Geldwirtschaft wie wir sie kennen, in naher Zukunft am Ende angelangt sein wird.

Bereits in einem Live-Interview am 30.12.10 mit dem Deutschlandradio Kultur, führte Hörmann aus, dass die Geldschöpfung aus Luft per se nicht schlecht ist, sondern es lediglich auf einer anderen Basis als auf Schuld stehen muss. Er sagte, dass „Geld eigentlich nur aus Luft geschöpft werden [kann], aber es sollte auf Leistungsbasis entstehen und nicht als Schuld. Das heißt, es sollte als Belohnung für erbrachte Leistungen in die Gesellschaft gegeben werden und dort umlaufen und nicht als Schuld mit einer Rückzahlungsverpflichtung plus Verzinsung“.

Unter dem Titel: „Es gibt Alternativen. Trauen wir uns, sie zu denken.“, wurde schon früher ausführlich die Kritik am Zinseszinssystem und am Neoliberalismus am 20.1.2011 in der Podiumsdiskussion in Wien im Rahmen der Österreich-Premiere des Films „ZEITGEIST – Moving Forward“ u.a. mit Hörmann debattiert.

Der Diskurs über die Ursache der Finanzkrise ist für Hörmann keiner, denn „das Kernproblem ist kein Finanzproblem“, sondern das „herrschende Zinseszinsmodell und das exponentielle Wachstum“.

Unser Geldsystem sieht er auch hauptursächlich für die ökologischen Missstände. Und selbst die Klimadiskussion hält er für leeres Lamento, da die meisten globalen Probleme in unserer „Eigentumsgesellschaft, in der das Eigentum belohnt wird“, begründet sind.

Auch einsichtig zeigte sich vorgestern Hörmann, indem er äußerte, dass er „niemanden anprangern möchte, der im System unter Konventionen steht“. Und er möchte „fern von moralischen Vorwürfen Lösungen aufzeigen“. Im Buch „Das Ende des Geldes“ wird ein Weg zum Paradigmenwechsel aufgezeigt. Ein Kapitel widmen die Autoren Lösungsvorschlägen.

In den Ausführungen von Hörmann spürte man seine Leidenschaft und Überzeugung, die auch die Anwesenden in einen mitreißenden Bann zog. Im Publikum sah man zustimmendes Nicken und hörte bestätigendes Murmeln und Flüstern mit den Nachbarn. Auf eine Publikumsfrage, wie die USA ihre Schulden in Höhe von 14 Bio $ zurückzahlen könnten, folgt Hörmanns klare Antwort: „Nie!“ Und er führte weiter aus, dass „der Staat in Wirklichkeit nicht einmal mehr die Zinsen auf die Staatsschuld bezahlen kann“.

Hörmann und Pregetter sind sich einig, dass unser Schuldgeldsystem in sehr naher Zukunft als Betrugsmodell obsolet sein wird. Und Hörmann rät, dass jeder sein „im Besitz befindliches Bargeld zum Brotkaufen, Essen gehen und Kleidung kaufen verwenden sollte“, aber bei Leibe „nicht für Unternehmenstransaktionen“. Denn dies scheint für Hörmann eine perfekte Anleitung zum persönlichen Untergang zu sein.

Ebenso vertreten beide Autoren die Meinung, dass es zur Änderung unseres Gesellschaftssystems eine Änderung der Geisteshaltung bedarf. Weg von Gier, Betrug und Konkurrenz hin zu einer Gesellschaft, die kooperiert und sich vernetzt. Eine Gesellschaft, in der Leistung und nicht Eigentum einen Wert hat. Pregetter fasst dies zusammen, indem er eine Wortkreation tätigt: Wir müssen „von einer Wissensgesellschaft zu einer GEwissensgesellschaft“ gelangen. Ein Wandel in unserer Geisteshaltung und Wertzuschreibung würde den derzeit geforderten „Dienst an der Gesellschaft“ ermöglichen und eine wertvolle „Weiterentwicklung des Individuums“ fördern, so Hörmann.

An der anschließenden Podiumsdiskussion nahmen neben den beiden Autoren der renommierte Philosoph Univ.-Prof. Dr. Konrad Paul Liessmann, der österreichische Kabarettist Günther Paal, auch bekannt als „Gunkl“ und Experte in der ORF-Fernsehsatireshow „Dorfers Donnerstalk“, sowie der ehem. ORF-Wirtschaftsjournalist Dr. Walter Sonnleitner in der Doppelfunktion als Moderater und Diskutant teil.

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Bemerkenswert, dass Sonnleitner gleich in seinen einleitenden Worten anmerkte: „Ich bin mir ebenso sicher – das Geldsystem wird floppen, es ist nur eine Frage der Zeit.“  Im Zuge der regen Debatte wurde auch die heutige Rolle der Wirtschaftswissenschaften diskutiert. Hörmann meinte dazu, dass die Wirtschaftswissenschaft keine Wissenschaft sei, da die Ökonomie nicht mit normativen Kriterien erklärbar ist. Dem stimmte Liessmann zu und ergänzte, dass es sich in der heutigen Wirtschaftswissenschaft eher „um Glaubenssätze und religiöse Ansichten“ handelt. Weniger jedoch beruht sie auf argumentiertem Wissen. „Als ich noch auf der Uni Student war, wurde mir schnell klar, dass die Wirtschaftswissenschaftler selber keine Ahnung haben und nur so tun, als ob sie eine hätten!“, erinnerte sich Sonnleitner.

Zur Frage Konkurrenzgesellschaft oder Kooperationsgesellschaft wurde von Liessmann ein Paradox unserer jetzigen Gesellschaft geschildert, die einem „fortwährenden Selbstbetrug“ unterliegt. Womit er die unserer Gesellschaft innewohnende Erwartung meinte, sich zu vernetzen. Das Vernetzen sei jedoch in einer Konkurrenzgesellschaft nicht möglich: „Entweder man vernetzt oder verdrängt sich.“

In der Diskussion sorgte der Kabarettist Günther Paal für frische Lacher im Publikum. Auf die Frage, ob Wirtschaftswissenschaftler Kabarettisten seien, verneinte er mit der Begründung: „Dafür ist die Realität zu fantastisch. Das dürfte sich ein Kabarettist nicht erlauben.“ „Jener Anwärter eines Wirtschaftsnobelpreises, der einen Artikel verfasst mit dem erkenntnisreichen Inhalt, dass wir ein ernstes Problem haben, indem wir mit Geld mehr Geld verdienen als mit Arbeit“, sollte einen Preis erhalten, schlägt Paal in fabulierender Ernsthaftigkeit vor. Und dass er überhaupt nicht verstehen könne, warum Gold überhaupt einen Wert hat. Es hat ja „keinen Gebrauchswert“ und „keinen praktischen Wert“, es sei nur „schwer und weich“.

Pointiert schilderte Hörmann unter anderem, wie zum Beispiel das System der Kreditkartenunternehmen arbeitet. Dieses Alltagsbeispiel stellte er mir nachträglich für diesen Artikel nochmals zur Verfügung:

„Wenn man eine Kreditkartenrechnung unterschreibt (z.B. im Restaurant über 50 Euro), dann erzählt man uns den „Schmäh“, dass der Wirt in 2-3 Tagen sein Geld erhält, wir aber die Sammelrechnung erst in einigen Wochen bezahlen müssen. Daher „leiht uns jemand Geld“ in dieser Zeit. Tatsache ist aber, dass alleine schon die unterschriebene Rechnung ein Wertpapier darstellt, das man sofort um den Betrag, der draufsteht (in diesem Fall also 50 Euro) bei jeder Bank verkaufen kann. Wir haben hier durch unsere Unterschrift unser eigenes Geld erzeugt – das nennt man „Kreditverbriefung“ – und das ist, für den kleinen Mann verständlich, das Prinzip, nach dem auch unser Geld (= Staats-Schuldschein) funktioniert! Die Gebühren der Kreditkartenfirma zahlt man nur, damit wir nicht erfahren, dass wir unser eigenes Geld selbst herstellen können!“

Einen nüchternen Ausblick gab Sonnleitner. Er betrachtet es für wahrscheinlich, dass wir via Postverständigung ein Schreiben unserer Hausbank erhalten werden mit dem ungefähren Wortlaut: „Ihre Geldbestände auf Ihren Bankkonten werden bald nicht mehr verfügbar sein. Dafür erhalten Sie Staatsschuldverschreibungen. Ihre Goldbarren, die in den Banktresoren eingelagert sind, mussten wir zwecks Beitragsleistung zur Reduzierung der Staatsschulden einbehalten, und Ihre Hypothek müssen wir fällig stellen, da unser Bankhaus an ein Chinesisches Bankhaus verkauft wurde.“

das_ende_des_geldes_coverDie folgenden auszugsweisen Zeilen des Buchklappentextes bieten zusammenfassend den wichtigsten sucus des Buches, welches das Potenzial hat wirklich ein Weckruf zu sein:

„Die Zeit der Banken und des Geldes ist vorbei. Denn Banken erfinden Geld aus Luft, die freien Märkte sind Blasenmaschinen zum Missbrauch für die Eliten, unser gegenwärtiges Finanzsystem ist ein reines Betrugsmodell. Die Folge: Der ultimative Finanzcrash droht; damit verbunden, das Ende des Geldes.“

Pregetter schließt die Podiumsdiskussion mit dem bekannten Zitat von Mayer Amschel Rothschild:

„Let me issue and control a nation’s money and I care not who writes the laws.“

Das Buch erscheint in den kommenden Tagen im Galila Verlag, hat 224 Seiten und ist für 21,90 Euro im Buchhandel oder direkt hier erhältlich.

Ein Beitrag von Diana Ljubic.

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