Freitag , 29 März 2024
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Hilfe für Spanien: Wir werden weiter abgezockt

madid passeo de la castellanaSchon lange erregen Nachrichten über die europäische Schuldenkrise keine besondere Aufmerksamkeit mehr. Und schon gar nicht, während einer Fußball-EM. Doch was ist mit Spanien wirklich los? Wohin sollen die europäischen Steuergelder fließen? Schon wieder in den Bankensektor? Und was brachte den Stein so plötzlich ins Rollen? Eine Immobilienkrise? War diese ebenso „unvorhersehbar“ wie jene in den USA, die schon 2008 viele Milliarden an Steuergeldern zur Rettung von Banken verschlang? Auch in Europa.

Nach Griechenland, Portugal und Irland braucht nun auch Spanien Hilfe durch den Euro-Rettungsschirm. Unverblümt wird mitgeteilt, dass bis zu 100 Millarden Euro für die Rettung von Banken zur Verfügung gestellt werden sollen. Hatten wir das nicht schon einmal? Sind nicht schon vor vier Jahren öffentliche Gelder zur Sanierung von Banken aufgewendet worden? Hat dies nicht entscheidend zur derzeitigen Schuldenkrise beigetragen?

Die Frankfurter Rundschau schreibt: „Anders als in den Fällen Griechenland, Portugal und Irland wird es dabei erstmals um spezielle Notkredite zur Stabilisierung des wankenden Bankensystems in Spanien gehen.“ Ja, natürlich, der spanische Staat wird für die Kredite bürgen. Was für eine Bürgschaft?! Von einem Land mit stagnierender Wirtschaft, Rekordarbeitslosigkeit und äußerst bescheidenen Zunkunftsperspektiven. Und es sei hier ausdrücklich daran erinnert, dass es sich bei den Mitteln des Euro-Rettungsschirms um öffentliche Gelder handelt, also um die Steuerleistung der Bürger.

Bei den Erklärungen bezüglich der Ursachen für die drohende Bankenpleite taucht wieder einmal das Wort „Immobilienkrise“ auf. Wie entsteht eine solche? Braut sie sich unverhersehbar zusammen, wie die dunklen Wolken vor einem Gewitter? Oder sollte das Entstehen einer Blase vielleicht doch rechtzeitig erkennbar sein?

Lassen Sie mich zusammenfassend an die Entwicklung des US-Immobilienmarktes erinnern, bevor die Blase 2008 platzte: Große Investmentbanken kauften von unzähligen kleineren Banken hypothekarisch abgesicherte Forderungen gegenüber privaten Hauseigentümern, bündelten sie zu Finanzupaketen und verkauften diese an Investoren weiter. Dementsprechend reichte jede Kleinbank das Risiko der Uneinbringlichkeit weiter. Die Konditionen für Hypothekarkredite wurden immer günstiger. Ohne Anzahlung und ohne Einkommensnachweis wurden praktisch Jedermann die Mittel zum Erwerb eines Eigenheimes zur Verfügung gestellt. Die Nachfrage stieg und damit die Preise. In vielen Fällen gewährte die Bank sogar Hypothardarlehen, die den Wert der Immobilie um 5% oder gar 10% überstiegen, weil – aufgrund der steigenden Preise – das Darlehen im Laufe weniger Monate durch den bis dahin gestiegenen Wert des Hauses ohnehin abgedeckt sein sollte. Und eines Tages war der Bogen überspannt. Immobilienpreise gaben geringfügig nach. Darlehen waren plötzlich nicht mehr gedeckt. Es folgten Zwangsversteigerungen und damit ein erhöhtes Verkaufsangebot. Ein Dominoeffekt setzte ein. Millionen verloren ihre unbezahlten Häuser – und Hunderte Milliarden an Investitionen im Finanzbereich verloren ihren Wert.

Und was ist in Spanien passiert? Um die angeschlagene Wirtschaft in Schwung zu bringen, wurde in unzählige Bauprojekte investiert. Über das markanteste, das jedem gesunden Menschenverstand widerspricht, berichtete Erwin Wagenhofer in seinem Dokumentarfilm „Let’s Make Money“ schon im Jahr 2008. Der bestens recherchierte Film setzt sich mit den Machenschaften der Finanzlobby rund um die Welt auseinander. Nach etwa einer Stunde und zehn Minuten werden sonderbare Bautätigkeiten in Spanien angesprochen. Vorwiegend in touristischen Gegenden wurden Unmengen von Luxuseigentumswohnungen errichtet. Im Film wird die Zahl 800.000 genannt. Meerblick, Swimmingpool, Golfplatz. Die spanische Bauwirtschaft war bestens ausgelastet. Auch wenn dies nicht unbedingt dem Arbeitsmarkt zugute kam, denn, so lässt Wagenhofer Informierte vor Ort zu Wort kommen, vorwiegend wurden Billigarbeitskräfte aus Nordafrika angeheuert.

Doch das wirkliche Problem – und das war schon 2008 bekannt – ist folgendes: In Spanien gibt es keinen Markt für so viele Luxuswohnungen. Der Großteil davon ist unverkäuflich. Insgesamt soll es mittlerweile in ganz Spanien rund fünf Millionen leerstehende Wohnungen geben.

Scheinbar ließ sich auf einige Jahre ein illusorischer Buchwert erhalten. Stellt sich eines Tages jedoch heraus, dass sich für bestimmte Wohnungen niemals ein Käufer finden wird, dann ist es wohl unumgänglich, den Buchwert an den Marktwert anzugleichen. Und plötzlich verschwinden unzählige Milliarden aus den Bilanzen. Plötzlich sind die Mindestreserven von Banken nicht mehr gewährleistet. Plötzlich droht die Pleite und damit ein Dominoeffekt, wie er 2008 – nach der Insolvenz von Lehman Brothers – auf Kosten der Bürger verhindert wurde.

Wagenhofers Dokumentarfilm ist übrigens absolut sehenswert und hat nichts an Aktualität eingebüßt. Erhältlich ist er bei letsmakemoney.at (oder „Lets Make Money, Wagenhofer“ bei Youtube eingeben).

In dem Film kommt noch ein ganz wesentlicher Faktor zur Sprache, der für die Entwicklung des Euro von größter Bedeutung ist. John Perkins erzählt über seine Erfahrungen als „Economic Hitman“. (Dazu siehe auch: „Bekenntnisse eines Wirtschaftskillers“ – mit deutschen Untertiteln bzw. das Taschenbuch „Bekenntnisse eines Economic Hit Man – Unterwegs im Dienst der Wirtschaftsmafia“, Goldmann Verlag, 2007.)

Perkins erklärt jedenfalls, dass die USA unter Richard Nixon im Jahr 1971, aufgrund enormer Schulden durch den Vietnamkrieg, die Golddeckung nicht mehr aufrecht erhalten konnte. Er nennt es den Übergang vom Goldstandard zum Ölstandard. Die einzige Sicherheit, die der internationalen Leitwährung unterliegt, ist der Umstand, dass das weltweit wichtigste Energieprodukt, Erdöl, ausschließlich in US-Dollar gehandelt wird.

Von allen oberflächlichen Erklärungen zur Einführung des Euro, wie dem Wegfallen von Wechselspesen und Kursrisiko, abgesehen, gab es tatsächlich einen vernünftigen Grund, der auch denkende Menschen von den möglichen Vorteilen einer gesamteuropäischen Währung überzeugen konnte. Nämlich, das Dollarmonopol zu brechen. Wäre es gelungen, internationale Geschäfte, insbesondere im Energiebereich, in Euro anstatt in Dollar abzuwickeln, wäre dies einem Ende der US-amerikanischen Vormachtstellung gleichgekommen.

Ob den eigentlichen Drahtziehern, die hinter der Einführung des Euro stecken, die weitere Entwicklung bewusst war, darüber kann nur spekuliert werden. Die USA haben es jedenfalls nicht zugelassen, dass der Dollar als Ölwährung abgelöst wurde. Wie John Perkins auch in Wagenhofers Dokumentation erklärt, war Saddam Hussein der hartnäckigste Gegner des US-Dollars als Ölwährung. Nachdem er sich von der US-orientierten Öllobby nicht bestechen ließ und gegen ein Attentat bestens abgesichert war, wurden Kriege gegen den Irak in Szene gesetzt, um sich dieses Mannes zu entledigen. Nachdem es im Irak nachweislich keine Massenvernichtungswaffen gab, nachdem alle vor den Vereinten Nationen präsentierten Beweise nachweislich gefälscht waren, spricht eigentlich nichts dagegen, John Perkins Glauben zu schenken.

Doch wie wird sich die Situation um den Euro weiterentwickeln, nachdem nun auch für spanische Banken Rettungsgelder aktiviert werden? Jene Staaten, allen voran Deutschland und Frankreich, die dabei wieder einmal zur Kasse gebeten werden, sind selbst restlos überschuldet. Voller Stolz wird in Deutschland noch verkündet, dass die Kreditwürdigkeit bestens sei, dass neue Kredite für weniger als 2% angeboten werden. Noch. Doch was wird geschehen, wenn Moody’s Stimmung umschlägt? Wenn Standard & Poor beschließt, auch Deutschlands Kreditwürdigkeit in Frage zu stellen? Bei einer öffentlichen Verschuldung von mehr als zwei Billionen Euro fallen höhere Zinsen gewaltig ins Gewicht. Viel Spielraum für noch höhere Staatsausgaben zum Begleichen von Zinsen steht jedenfalls nicht zur Verfügung.

Mit 100 Milliarden Euro die Löcher in Spanien zu stopfen, bringt natürlich noch lange keine Lösung mit sich. Ein Viertel der Bevölkerung, unter Jugendlichen sogar die Hälfte, bleibt weiter ohne Job. Das Haushaltsbudget wird weiter in den roten Zahlen bleiben. Die Staatsverschuldung wird weiter ansteigen. Und früher oder später – eher früher – wird Spanien mehr Geld benötigen. Man betrachte bloß die Entwicklung in Griechenland, dessen Wirtschaftsleistung nur ein Fünftel derer Spaniens beträgt. Der Geldbedarf auf der Iberischen Halbinsel könnte demzufolge entsprechend höhere Ausmaße annehmen.

Jüngsten Meldungen zufolge, könnte Zypern das nächste Land sein, dass in Zahlungsschwierigkeiten gerät.

Gibt es tatsächlich noch Menschen, die glauben, dass sich die Krise ohne einer grundlegenden Reform des Geldwesens lösen lässt? Warum sind es noch immer so Wenige, die die Wurzel des Übels beim Namen nennen: Schuldgeldsystem.

Staaten übertragen das Monopol der Geldschöpfung Geschäftsbanken, um sich bei diesen zu verschulden, anstatt das Geld selbst zinsenfrei in Umlauf zu setzen. Für die Schulden zur Verantwortung gezogen werden letztendlich die Bürger dieser demokratischen Staaten, die nicht nur niemals gefragt wurden, ob sie mit dieser Entwicklung einverstanden seien, denen letztendlich auch niemals mitgeteilt wurde, wie die Geldschöpfung überhaupt funktioniert.

Obwohl es eigentlich Allen bewusst sein sollte, dass jeder Einzelne von uns für die unbezahlbaren Staatsschulden haftet, hält sich das öffentliche Interesse an der gegebenen Situation in Grenzen. Obwohl neue Meldungen über das Eskalieren der Eurokrise ohnehin kaum mehr Reaktionen nach sich ziehen, wollte es der „Zufall“ auch noch, dass die jüngsten Entwicklungen mit dem Beginn der Fußball-Europameisterschaft zusammenfielen. Dass es vom Ende der letzten Bilderberger-Konfernz bis zur Herabstufung der spanischen Banken durch die Rating-Agenturen nur wenige Tage dauerte, verweist natürlich auch keineswegs auf einen direkten Zusammenhang.

Nachdem es von den Politikern bis dato nicht ein einziger gewagt hat, das eigentliche Problem der Schuldenkrise, nämlich das Schuldgeldsystem, zu nennen, dürfen wir kaum damit rechnen, dass es in absehbarer Zukunft zur einzig möglichen Lösung des Problems kommen könnte: Nämlich der Übernahme der Geldschöpfung durch die öffentliche Hand. Ohne diesem Schritt wird die Krise weiter eskalieren. Und steigende Not in der Bevölkerung wird weiter akzeptiert werden, um „notleidenden“ Banken aus der Patsche zu helfen. Und solange das Volk sich nicht daran erinnert, dass wir eigentlich in einer Demokratie leben, sich zuerst informiert, um danach auf zukünftige Entwicklungen Einfluss zu nehmen, wird der internationale Finanzsektor weiterhin die restlichen Werte, die ihm noch nicht übertragen wurden, für sich verbuchen. Bis auf weiteres werden erst einmal noch willig Opfer gebracht, um den Euro, den niemand wollte, noch auf einige Zeit zu erhalten.

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