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Solidarität oder fehlende Gleichberechtigung? Gerechtigkeit oder Ausbeutung? – Die Neuerungen der GEZ

Im Jahr 2013 sollte eine neue Ära einbrechen. Die Gebühreneinzugszentrale sowie die Rundfunkgebühren gehören seit Anfang 2013 der Vergangenheit an. Anstatt von Haustür zu Haustür zu gehen und mögliche GEZ-Hinterzieher direkt persönlich zur Rechenschaft zu ziehen und mit hohen Strafen zu belasten, wird jetzt eine Haushaltspauschale als Rundfunkbeitrag für jeden Haushalt erhoben und die Gebühreneinzugszentrale nennt sich ganz harmlos Beitragsservice.

Die Summe der nun neu festgelegten Pauschalzahlung beläuft sich auf 17,98 Euro, egal wie viele Mediengeräte in diesem Haushalt vorhanden sind. Dies ist so viel, wie früher für einen Fernseher erhoben wurde. Menschen, die bis heute immer noch keinen Fernseher besitzen sondern beispielsweise lediglich ein Radio, hätten vor Einführung der Haushaltspauschale lediglich 5,76 Euro an Rundfunkgebühren zahlen müssen, doch nun, mit der neuen Regelung MUSS der Beitrag geleistet werden, ganz egal wie viele Mediengeräte sich in einem Haushalt befinden. Eine Nichtzahlung der Gebühren bleibt eine Ordnungswidrigkeit und wird mit Bußgeld belegt. Befreit sind lediglich Sozialhilfe- und Bafögempfänger sowie Behinderte mit der Kennzeichnung „RF“.

Eine unrühmliche Vergangenheit

Mittlerweile stellt sich immer dringender die Frage, ob die GEZ noch nötig ist. Die steigende Zahl an Privatsendern spricht immer mehr dagegen und diese Tatsache schadet weiterhin dem Image der GEZ, das seit ihrem Entstehen negativ belastet ist. Vorwürfe zur Bestechlichkeit, die dem Chef des Unternehmens im Jahr 2007 gemacht wurden, trugen nicht gerade zu einer Verbesserung des Image bei.
Mit Kampagnen in TV und Radio sollte das Image vor allem der GEZ-Mitarbeiter aufgebessert werden, die in den Haushalten die Anzahl der Geräte kontrollierten und wohl die verhasstesten GEZ-Mitarbeiter unter den Deutschen sind. Das Bemühen der GEZ scheiterte kläglich an dem unglücklichen Slogan „Schon GEZahlt?“ und auch die Änderung in „Natürlich zahl‘ ich“ konnte der Kampagne nichts positives mehr abringen. Dies beweist, dass der Zug für einen Imagewechsel der GEZ schon lange abgefahren ist und auch die Regelungen, die dieses Jahr in Kraft getreten sind, wohl nichts Grundlegendes ändern werden, sondern die Situation sogar verschärfen.

Ein Beitrag zur Solidarität oder himmelhochschreiende Ungerechtigkeit?

Viele hofften, dass mit der neuen Regelung des Einzugs des Rundfunkbeitrags nun die unhaltbaren Zustände der GEZ der Vergangenheit angehören. Dazu zählen die Speicherung der Daten von über 41 Millionen Personen und Haushalten, die ständige Ermahnung und Verfolgung zur Zahlung der GEZ-Gebühren auch bei Umzug oder Veränderung der Wohnanschrift.

Sogar bei Tod eines Mitbürgers verschickte die GEZ in vielen Fällen weiterhin Mahnbriefe – ein makabres Vorgehen?

Solche Irrtümer sollen mit der neuen Haushaltspauschale, die den Einzug der Rundfunkgebühren optimieren soll, verbessert werden. Es wird eine pauschale pro Haushalt in Deutschland erhoben, sodass Haushalte mit vielen Geräten sogar von der GEZ profitieren können.
Der verheerendste Nachteil liegt aber deutlich auf der Hand. Auch diejenigen, die weder Fernseher noch Radio besitzen, müssen die GEZ-Gebühren entrichten. Ein Zustand, der mehr als nur ungerecht ist.
Die Industrie sollte anfangs von der neuen Regelung profitieren, zumindest versicherte der Beitragsservice, dass der Höchstsatz der GEZ-Abgaben für Unternehmen mit 20 000 und mehr Mitarbeitern bei rund 3200 Euro läge. Die GEZ-Abgabe richtet sich nicht mehr wie früher nach der Anzahl der Geräte im Unternehmen, sondern nach der Größe (Mitarbeiter- und Standortanzahl) des Unternehmens. Doch für einige Unternehmen und Einrichtungen hat die Beitragspauschale verheerende Konsequenzen.

Die Autovermietung Sixt muss beispielsweise jedes Jahr Beitragspauschalen in Milllionenhöhe begleichen. Obwohl sich die Autoflotte der Vermietung verkleinert hat, hat sich dennoch der Beitrag pro Auto deutlich angehoben. Gegen eine solch ungerechte und verfassungswidrige Regelung wehren sich ebenfalls große Konzerne wie die REWE Group und die Drogeriekette Rossmann. Bis jetzt gab es jedoch noch keine Ergebnisse aus den Gerichtsverhandlungen, die Unternehmen haben aber vor bis zur letzten Instanz, dem Bundesgerichtshof, zu ziehen.
Die Bevölkerung und die Industrie sind in jeder Hinsicht die großen Verlierer der Umstellung der GEZ-Gebühren. Auch wenn manch einer profitieren mag, so trifft dies bei weitem nicht auf alle zu. So werden z. B. 18 Millionen Beitragsgebühren für Jugendherbergszimmer OHNE Fernseher erhoben. Wo dabei der Sinn bleibt und ob eine solche Regelung überhaupt rechtens ist, darüber scheint sich der Beitragsservice keine Gedanken gemacht zu haben.

Klagen und verwässerte Rechtfertigungsversuche

Nicht nur aus den Reihen der Industrie und Bevölkerung erfolgen Proteste und Kritik an der Einführung einer grundlegenden Haushaltspauschale an Rundfunkgebühren. So bezeichnen Staatsrechtler die neue GEZ-Regelung als verfassungswidrig, da mit der Haushaltspauschale ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichberechtigung vorliegt. Zahlreiche Klagen seien nun schon bei verschiedenen Gerichten eingegangen. Auch die Städte protestieren öffentlich gegen die Haushaltspauschale. Die Stadt Köln lehnte beispielsweise die Zahlung der Gebühren zunächst als „bürokratischen Unsinn“ ab, kam aber nach einigen Verhandlungen zu einem Kompromiss mit dem WDR.

Die ARD begründete die einheitliche Zahlung der Gebühren pro Haushalt damit, dass allein die Möglichkeit zum Zugang zu Mediengeräten mit GEZ-Gebühren belegt sei. Leicht wässrig und tropfend vor Zynismus klingt die Begründung, dass technische Daten mit Zugang zu Medieninhalten heutzutage zum technischen Standard gehören. Dass dieser technische Standard nur auf einige Bevölkerungsschichten bestimmter Alters- und Einkommensklassen zutrifft, scheint die GEZ bei allem Eifer zu übersehen. Eine individuelle Behandlung der Mitbürger und Mitbürgerinnen sei aus Sicht der GEZ nicht umsetzbar und würde den für sie möglichen Rahmen sprengen.

Durch die Einführung der Haushaltspauschale hat sich die GEZ selbst weiter ins Aus geschossen und lebt in einer Wirklichkeit, die nichts mit den tatsächlichen Verhältnissen in Deutschland zu tun hat.

Die fehlende individuelle Betrachtung der einzelnen Lebenslagen der Deutschen begründet die ARD ferner mit einem solidarischen Konzept, für das alle aufkommen und von dem alle profitieren sollen. Trotzdem bleibt im Einzelfall klar, dass nicht jeder von diesem Konzept profitieren wird. Ferner geht die Doktorandin Anna Terschüren noch weiter und erklärt in ihrer Doktorarbeit, die Rundfunkpauschale sei eine verdeckte Zweckssteuer.
Die Befreiung von den Gebühren wird nun mit einer grundlegenden Untersuchung genehmigt, bei der Kritiker wiederum eine umfangreiche Bespitzelung der Mitbürger durch die GEZ vermuten. Jeder, der seiner Meinung nach von den Gebühren befreit werden sollte, muss seine wirtschaftlichen Verhältnisse sowie den Besitz von Geräten vollständig offenlegen. Wer aus Gründen der Armut keinen Fernseher oder kein Radio besitzt, der muss erst zusehen, diese Armut zu beweisen, bevor er von der Zahlung der Rundfunkgebühren befreit wird.

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